Für eine FREIe HEIDe - kein Bombodrom

Die Verhinderung des von der Bundeswehr geplanten Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner Heide ist erklärtes Ziel des KV OPR, aber inzwischen auch vieler anderer bündnisgrüner Organisationen. Dies erklärt die zahlreichen Stellungnahmen.

SPD täuscht die Menschen und ebnet Weg für Bombodrom

Pressemitteilung von Cornelia Behm Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, 2.7.2008

Anlässlich der Äußerungen von SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, die große Koalition wolle die militärischen Nutzungspläne für die Kyritz-Ruppiner Heide trotz eines gegenteiligen Parteitagsbeschlusses der SPD nicht aufgeben, erklärt Cornelia Behm, Sprecherin für Agrarpolitik und ländliche Entwicklung:

Was ist das für eine Partei, die erst öffentlichkeitswirksam beschließt, auf das Bombodrom zu verzichten, und sich dann auf die Koalitionsdisziplin berufend die Hände in den Schoß legt? Wieder einmal zeigt die SPD, wie weit sie sich vom Volk entfernt hat. Wer nach einem solchen Parteitagsbeschluss nicht alles daran setzt, die eigene mitregierende Fraktion von der Aufgabe der Bombodrompläne zu überzeugen, ist im höchsten Maße unglaubwürdig. Politiker, die unglaubwürdig sind, sind nicht wählbar.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hat jüngst in einem Brief an die Bürgerinitiative "Freier Himmel" erklärt, dass die Sozialdemokraten den Parteitagsbeschluss "für eine zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide" nicht befolgen können. Der Grund: Man müsse dem Koalitionspartner CDU Zugeständnisse machen.

Dieses Verhalten der Sozialdemokraten ist eine Gefahr für unsere Demokratie. Wenn eine Partei vorbei an Gerichtsbeschlüssen und volkswirtschaftlichen Analysen agiert, nur um sich an der Macht zu halten, hat sie spätestens dann das Recht auf diese Macht verwirkt. Die Bürgerinnen und Bürger reagieren auf derart schlechte Politik mit noch mehr Politikverdrossenheit. Die Quittung bekommen leider nicht nur die Genossen, sondern die Demokratie im Land nimmt

schaden. Das ist das schlimmste Ergebnis dieses instinktlosen Verhaltens.

 

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Bundesrechnungshof widerlegt Notwendigkeit für Wittstock

Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN NR. 1315/2007 vom 30.11.2007

Zum Bericht des Bundesrechnungshofes, der das Verteidigungsministerium auffordert, die Pläne für den Luft-Boden Schießplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide zurückzunehmen und das Übungskonzept der Luftwaffe zu überarbeiten, erklären Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher, und Cornelia Behm, brandenburgische Bundestagsabgeordnete:

Der Bundesrechnungshof erteilt in seiner Stellungnahme jeder Ausweitung der Übungsmöglichkeiten für Luft-Boden-Einsätze der Luftwaffe eine deutliche Absage. Er bestätigt voll und ganz das, was wir bereits seit mehr als sieben Jahren im Bundestag, auf Länder- und Landkreisebene betonen und belegt haben: Der Luft-/Boden-Schießplatz Wittstock wird - angesichts des veränderten Auftrages der Bundeswehr, des veränderten Übungsprofils und des seit Jahren sinkenden Übungsaufkommens an Luft-/Boden-Einsätzen - militärisch nicht gebraucht. Diese Fakten hat das Ministerium nie ernsthaft widerlegt. Im Gegenteil, Verteidigungsministerium und Bundeswehr haben stur die alte Bedarfsplanung aus Anfang der 90er Jahre fortgeschrieben. Diese jahrelange Unehrlichkeit gegenüber dem Parlament ist ein Skandal und ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die seit Jahren mit sachlichen Argumenten gegen die Pläne des Ministeriums vorgehen.

Die Errichtung des Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock für 270 Millionen Euro ist für das heutige und künftige Aufgabenprofil der Streitkräfte weder notwendig noch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu rechtfertigen.

Seit 1997 sind bereits rund 50 Millionen EURO aus dem Bundeshaushalt für den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock aufgewendet worden, allein 400 000 Euro für Gerichtskosten. Hinzu kommen massive wirtschaftliche Schäden in der Region durch die fehlende Planungssicherheit - nicht nur in der Tourismusbranche. Um den volkswirtschaftlichen Schaden nicht noch größer werden zu lassen, ist nun schnelles Handeln notwendig. Wir fordern Verteidigungsminister Jung und die Bundesregierung auf, den Streit um den Schießplatz unverzüglich politisch zu beenden und die Pläne dafür, wie es der Rechnungshof fordert, zu begraben. Das Ministerium muss das Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichts vom 31. Juli dieses Jahres anerkennen und das Berufungsverfahren zurückziehen. Die Bundesregierung muss jetzt endlich die Reißleine ziehen und den Weg für die zivile Nutzung der Kyritz Ruppiner-Heide freimachen. Alles andere ist politisch unverantwortlich und nicht vermittelbar.

Einen Fernsehbeitrag zum Thema finden Sie hier auf den Seiten des Rundfunk Berlin-Brandenburg RBB.

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Antrag: Juristischen Dauerstreit endlich politisch beenden - Pläne für den Luft/-Boden-Schießplatz Wittstock aufgeben

von Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Sicherheitspolitischer Sprecher vom 19.9.2007

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat den Antrag "Juristischen Dauerstreit endlich politisch beenden - Pläne für den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock aufgeben" eingebracht, an dessen Erarbeitung Winfried Nachtwei maßgeblich beteiligt war. Hier der Wortlaut des Antrags:

 

Deutscher Bundestag, Drucksache 16/6453, 16. Wahlperiode, 19.09.2007

Antrag
der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Alexander Bonde, Cornelia Behm, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Dr. Uschi Eid, Thilo Hoppe, Ute Koczy, Kerstin Müller (Köln), Omid Nouripour, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Jürgen Trittin und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Juristischen Dauerstreit endlich politisch beenden - Pläne für den Luft/-Boden-Schießplatz Wittstock aufgeben

Der Bundestag wolle beschließen:

  1. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

    Seit 1992 währt die politische und juristische Auseinandersetzung um die zivile oder militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide. Trotz einer juristischen Niederlage nach der anderen, immer geringeren Erfolgsaussichten und fehlender Akzeptanz in der Bevölkerung beabsichtigt das Bundesministerium der Verteidigung an einer Aufnahme des militärischen Übungsbetriebes auf dem 142 Quadratkilometer großen, früher von der sowjetischen Armee genutzten Gelände in der Kyritz-Ruppiner Heide (Brandenburg) festzuhalten. Auch gegen das jüngste Urteil des Potsdamer Verwaltungsgerichtes vom 31. Juli hat das Bundesministerium der Verteidigung die Zulassung der Berufung beantragt. Das Verwaltungsgericht hat in drei Musterverfahren stellvertretend für 24 laufende Klagen die vom Bundesministerium der Verteidigung beantragte Betriebsgenehmigung für den etwa 12 000 Hektar großen früheren sowjetischen Truppenübungsplatz verweigert. Neben Planungsmängeln wurde das Urteil auch mit der fehlenden Berücksichtigung von Lärmschutzinteressen von Anrainern begründet. Das Bundesministerium der Verteidigung hat es versäumt, die Belange der Betroffenen vor Ort in seinen Planungen und bei der Abwägung ausreichend zu berücksichtigen. Derartige Versäumnisse zeugen von wenig Sensibilität im Umgang mit den existentiellen Interessen der Bevölkerung in der Region und sind nicht hinzunehmen.

    Für die Planungssicherheit der Bundeswehr und der betroffenen Kommunen ist eine politische Ent­scheidung überfällig. Eine Fortsetzung des Rechtsstreits würde erhebliche politische und ökonomische Kosten für alle Beteiligten verursachen. Die Folge wäre ein wachsender politischer Glaubwürdigkeits­verlust in den neuen Bundesländern und weitere Jahre der Ungewissheit mit negativen Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Entwicklungschancen der Region. Hinzu kommen die Kosten des Bundes, die sich bis Mai 2006 allein für die Gerichtsverfahren bereits auf ca. 370.000 Euro beliefen (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen "Künftige Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide" BT-Drs. 16/1389).

    Die Begründungen des Bundesministeriums der Verteidigung für den angeblich unabweisbaren militä­rischen Bedarf und die Alternativlosigkeit des Standortes sind nicht überzeugend. Trotz gewachsener Aufgaben kann die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr seit Jahren auch ohne Rückgriff auf den Luft/Boden-Schießplatz Wittstock sichergestellt werden. Auch der Bundeswehrverband hielt fest: "Wir haben bisher ohne den Übungsplatz Wittstock gelebt, wir werden es auch weiter schaffen." (www.ad-hoc-news) Der Übungsbedarf für Luft-/Boden-Einsätze mit ungelenkten Bomben ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen und wird künftig gegen Null gehen. In den heutigen Einsätzen der Bundeswehr im Rahmen der Krisenbewältigung sind ganz andere Fähigkeiten als die von tieffliegenden Jagdbombern notwendig. Wenn in einigen Jahren die Tornado-Jagdbomber sukzessive durch den Eurofighter ersetzt werden, der seine Luft-Boden-Einsätze in mittleren und großen Höhenbereichen fliegt, gibt es erst Recht keinen Bedarf an einem dritten großen Luft-Boden-Schießplatz.

    Die Menschen in der strukturschwachen Region leben überwiegend vom naturnahen Tourismus. Die Kyritz-Ruppiner Heide ist ein einmaliges Natur- und Landschaftsgebiet. In der Region sind fünf Gebiete nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der Europäischen Gemeinschaft als Schutzgebiete zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen nach der Vogelschutz-Richtlinie ausgewiesen. Hierzu zählen der Müritz-Nationalpark und angrenzende Gebiete, die u.a. als Brut- und Lebensraum für seltene Großvögelarten wie Seeadler, Fischadler und Kraniche dienen sowie die Wittstock-Ruppiner Heide mit seltenen schützenswerten Pflanzen und Tieren.

    Der einmalige Landschafts- und Naturschutzcharakter hat maßgeblich zur Entwicklung des Touris­mussektors in der Region beigetragen. Seit Anfang der 90er Jahre sind Investitionen von mehr als einer Mrd. Euro in die touristische Infrastruktur und den Aufbau zahlreicher Arbeitsplätze im Tourismussektor geflossen. (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen "Bedeutung der Tourismuswirtschaft für die künftige Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide" BT-Drs. 16/4934) Die Bedeutung des Tourismussektors für die Region hat laut Stellungnahme des BMWi vom 15. September 2006 an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages in den letzten Jahren sogar noch zugenommen. Die Tourismusbranche bestimme inzwischen maßgeblich die regionale Wirtschaftsstruktur und damit das Einkommens- und Arbeitsplatzniveau. Alternative wirtschaftliche Entwicklungschancen gibt es, anders als in vergleichbaren Gebieten Westdeutschlands, für die Region nicht.

    Die Aufnahme des Flug- und Übungsbetriebes würde sich auf diese und künftige Investitionen und Arbeitsplätze im Tourismussektor massiv negativ auswirken, viele der bisher erreichten Erfolge wieder zunichte machen und damit der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der Region schaden. Die Menschen vor Ort würden dies zu Recht als Ignoranz gegenüber ihren existentiellen Interessen wahrnehmen.

    Mittlerweile wächst auch in der Bundesregierung die Einsicht, dass die Inbetriebnahme des Luft/Boden-Schießplatzes mehr Schaden als Nutzen bringt. Auf die Ankündigung des Bundesministeriums der Verteidigung, die Bundeswehr werde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Potsdam weitere Rechtsmittel einlegen, erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier: "Die Region braucht die touristische Entwicklung. Ich bedauere, dass es nicht die letzte Entscheidung in dieser Sache ist". (Der Tagesspiegel, 25.8.2007) Der brandenburgische Ministerpräsident und ehemalige SPD-Vorsitzende, Matthias Platzeck sagte: "Das jüngste Gerichtsurteil wäre die Chance für einen geordneten Rückzug in Anstand gewesen." (Der Tagesspiegel). Für diesen Rückzug ist es nicht zu spät.

  2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
    • Die vom BMVg gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Potsdam vom 31. Juli beim Ober­verwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragte Zulassung auf Berufung zurückzuziehen und auf weitere Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zu verzichten,
    • die Pläne für eine Inbetriebnahme des Luft-/Boden-Schießplatzes Wittstock fallen zulassen und ohne Zeitverzug den Weg für eine zivile Nutzung der Liegenschaft freizumachen.

Berlin, den 19. September 2007
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

 

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Offener Brief an Bundesminister Jung zum Luft-Boden-Schießplatz Wittstock

von Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Sicherheitspolitischer Sprecher vom 4.8.2007

Winfried Nachtwei
Mitglied des Deutschen Bundestages
Sicherheitspolitischer Sprecher

Bundesminister der Verteidigung
Herr Dr. Franz-Josef Jung
vorab per Fax 030/2004-8004

nachrichtlich:

  • Ministerpräsident von Brandenburg Herr Matthias Platzeck
  • Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Harald Ringsdorf
  • Regierender Bürgermeister von Berlin Herr Klaus Wowereit

Berlin/Münster, 4. August 2007

Luft-Boden-Schießplatz Wittstock

Sehr geehrter Herr Minister, lieber Herr Jung,

  1. am 31. Juli hat das Verwaltungsgericht Potsdam drei Musterklagen von zwei Unternehmen und einer Gemeinde gegen den geplanten Luft-Boden-Schießplatz Wittstock stattgegeben.

    Der seit 15 Jahren andauernde politisch-rechtliche Streit um die zivile oder militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide in Brandenburg ist an einem entscheidenden Punkt angelangt. Nach der inzwischen 23. (!) Gerichtsentscheidung ist die Zeit gekommen für eine ungeschminkte Lageanalyse und entschlossenes Handeln der Politik zum Nutzen aller Beteiligten:

    Das Ansinnen des Bundesministeriums der Verteidigung, bei Wittstock den Luft-Boden-Übungs-betrieb aufnehmen zu können, hat auf viele Jahre keine Aussicht auf Erfolg. Wo aber die Fortführung des Rechtsstreits auf längere Zeit bei allen Beteiligten nur erhebliche politische und ökonomische Kosten, aber keinen Nutzen verursacht, dürfte es für das Ministerium nur eine vernünftige Alternative geben: Kämpfe einstellen, geordneter Rückzug. Eine solche Entscheidung wäre - das zeigt auch die Militärgeschichte - kein Ausdruck von Schwäche, sondern von Klugheit und Führungsstärke.

  2. Seit inzwischen elf Jahren verfolge und begleite ich den Konflikt um den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock auf der Bundesebene und in der Region so intensiv wie kein anderer Abgeordneter und Sicherheitspolitiker. Ich erlebte sowohl die Verhandlung im Jahr 2000 vor dem Bundesverwaltungsgericht wie vor Tagen beim Verwaltungsgericht Potsdam.

    Es wäre eine völlige Fehleinschätzung, das Urteil vom 31. Juli als die Entscheidung einer niedrigen, möglicherweise fachlich nicht kompetenten und durch ihre Bundesländer voreingenommenen Instanz abzutun. Nach nicht nur meiner Beobachtung erwiesen sich die Berufsrichterinnen als ausgesprochen in der Materie stehend und erkennbar nicht einseitig.

  3. Das Bundesministerium der Verteidigung erfuhr eine Niederlage auf der ganzen Linie. Die juristische Niederlage war kein Zufall oder Ausrutscher, sondern Konsequenz schwerer Versäumnisse:

    • Über alle Jahre wurde die eigene Position, ihre sicherheits- und militärpolitische sowie rechtliche Überzeugungskraft und Haltbarkeit, notorisch überschätzt. Zugleich wurden die Belange der Anrainer und ihre politisch-rechtliche Durchhaltefähigkeit und Wirksamkeit notorisch unterschätzt.
    • Ich erlebte auf Seiten des Ministeriums und der meisten Verteidigungspolitiker fast durchgängig Ignoranz gegenüber den Belangen der Region und ihrer besonders prekären Situation. Exemplarisch dafür stand die im Verteidigungsausschuss Ende der 90er Jahre vorgetragene Behauptung, der Fluglärm würde wegen der Größe des Platzes den Tourismus gar nicht tangieren. Aus meiner Ortskenntnis wusste ich, dass die Einflugschneise im Norden über das Feriengebiet um den Nebelsee (Ichlim) ging. (Von hier kommt einer der jetzt erfolgreichen Kläger.) Sekundärmotive wie Abwehr eines angeblichen Dominoeffekts auf andere Standorte verschlossen bei den Befürwortern des Schießplatzes die Ohren und Augen gegenüber den Argumenten aus der Region und den existentiellen Interessen dahinter.
    • Wo die Zahl der Luft-Boden-Übungen von Jahr zu Jahr abnimmt, wo gerade in Kriseneinsätzen Abstand und Präzision, aber nicht das Wittstock-Szenario vom Abwurf ungelenkter Bomben im Tiefflug gefragt sind, da ist die Behauptung der Unverzichtbarkeit von Wittstock immer weniger glaubwürdig.
    • Heraus kam eine rundum schwache Vertretung vor Gericht - im Jahr 2000 wie heute. Mit der zentralen Abwägungsfrage der zu erwartenden Lärmbelastung wurde so schludrig umgegangen, dass Sachverständige mit Erfahrungen in Sachen Zivilflughäfen nur den Kopf schütteln konnten.
    • Es sprach persönlich für die anwesenden Spitzenvertreter von Luftwaffe und Wehrverwaltung, dass sie über die pflichtgemäße Vertretung der BMVg-Position hinaus erkennbar nicht für die Sache kämpften. Damit setzte sich eine Linie fort, die zuletzt am 7. Mai beim Besuch des Petitionsausschusses auf dem Truppenübungsplatz Wittstock zu erkennen war: Angesichts der ausgestellten Übungsmunition (nur ungelenkte Bomben) wichen die anwesenden hohen Offiziere der Frage aus, inwieweit Tiefflugübungen a la Wittstock überhaupt noch den Anforderungen von Kriseneinsätzen entsprechen würden. Auch hier wurde nicht einmal der Versuch gemacht, die angebliche militärische Notwendigkeit von Wittstock plausibel zu machen.
  4. Für die Klägerseite war es ein Erfolg auf der ganzen Linie. Die Gemeinden, Unternehmen und BürgerInnen und Bürger in der ganzen Region sehen ihre einzige wirtschaftliche Perspektive, die Weiterentwicklung eines schon hoffnungsvoll gestarteten sanften Tourismus, existentiell bedroht. Eine anfängliche Protestbewegung ist längst zu einer beispiellos breiten und verankerten Bürgerbewegung geworden. Zusammen mit den klug und immer gewaltfrei agierenden Bürgerinitiativen waren das die Voraussetzungen für eine bodenständig-vitale Widerstandskraft und Ausdauer, die zu einer Art Volksabstimmung wurde.

    Vertreten wurden die Kläger von den Anwälten Geulen + Klinger, die vor dem Hintergrund ihrer langen Erfahrung in solcher Art Verfahren äußerst brillant, überzeugend und wirksam agieren und die Rechtsvertreter des Ministeriums scharf in den Schatten stellten.

  5. Nach inzwischen über zwanzig Besuchen in Einsatzgebieten der Bundeswehr auf dem Balkan, in Afghanistan und Kongo drängt sich mir ein Vergleich auf: Würde die Bundeswehr in einem Einsatzland eine solche Unprofessionalität und solche politische Rücksichtslosigkeit gegenüber der einheimischen Bevölkerung an den Tag legen wie das Ministerium gegenüber der Bevölkerung um die Kyritz-Ruppiner Heide, dann hätte das schon längst einen veritablen Aufstand zur Folge gehabt, dann wäre der Einsatz schon längst gescheitert. Damit kein Missverständnis entsteht: Ich meine damit nicht den örtlichen Kommandeur, der tapfer seinen Auftrag ausgeführt hat, sondern die militärisch-politische Führung.

  6. Was sind die Perspektiven?

    Nachdem die erste Instanz schon vier Jahre dauerte, würde eine Fortsetzung des Rechtsstreits viele weitere Jahre dauern. Hierbei wären die Erfolgsausichten des Ministeriums überaus zweifelhaft, zumal der militärische Wittstock-Bedarf mit jedem Jahr weiter sinkt. Die Gegner des Luft-Boden-Schieß-platzes brauchen "nur" durchhalten. Das können sie!

    Die Konsequenzen des endlos fortdauernden Rechtsstreits wären aber für alle Beteiligten ausgesprochen schädlich: Behindert würde die Investitionsbereitschaft und damit die Entwicklung in einer Region, wo etliche Interessenten weiter investieren wollen. Die Bundeswehr, die anderswo recht erfolgreich um Köpfe und Herzen von Menschen kämpft, würde in den Ländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern weiter Köpfe und Herzen verlieren.

    Eine Fortsetzung des Streits bedeutet erheblichen Schaden für alle Beteiligten.

  7. Als Sicherheitspolitiker muss ich selbstverständlich die Einsatzfähigkeit und den Übungsbedarf der Bundeswehr im Sinne ihres verfassungsmäßig begrenzten und politisch gesetzten Auftrages im Auge behalten. Alles andere wäre unverantwortlich. Dass die 14.000 Hektar Übungsfläche für die Bundeswehr reizvoll wären, ist gar nicht zu bestreiten.

    Allerdings ist Wittstock für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr im Rahmen der Krisenbewältigung keineswegs unverzichtbar. Nach meiner Beobachtung hält man in der Bundeswehr bzw. im Ministerium den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock längst nicht für so dringlich, wie offiziell der Eindruck erweckt wird. Wie anders ist zu erklären, dass einerseits das Ministerium im Dezember 2005 einen Eilantrag bei Gericht auf sofortige Inbetriebnahme von Wittstock mit der deutschen Meldung für die NATO Response Force 6 (Januar-Juni 2006) begründete, dass andererseits in einer offiziellen Publikation des Ministeriums betont wurde, die Bundeswehr sei "fit für die NRF" und "für alle Aufgaben gerüstet". ("aktuell - Zeitung für die Bundeswehr" Nr. 50 vom 19.12.2005). Beim Besuch der Tornado-Staffel in Mazar-e-Sharif war zu erfahren, dass in Afghanistan mindestens 10.000 Fuß hoch geflogen wird, um nicht in die Reichweite von Flugabwehrwaffen zu kommen. Wenn in einigen Jahren die Tornado-Jagdbomber sukzessive durch den Eurofighter ersetzt werden, der seine Luft-Boden-Einsätze im mittleren und großen Höhenbereich fliegt, gibt es erst Recht keinen Bedarf nach einem dritten großen Luft-Boden-Schießplatz in Deutschland - außer, man will hier allen innerdeutschen Übungsbetrieb konzentrieren, ja sogar Übungsbetrieb aus dem Ausland und von Alliierten nach Wittstock verlagern.

  8. Ich erlebte den Glaubwürdigkeitsbruch Ihrer beiden Vorgänger, die in Regierungsverantwortung jeweils das unnachgiebig betrieben, was sie vorher in der Opposition entschieden abgelehnt hatten - und die es nicht einmal für nötig hielten, ihre Kehrtwende zu begründen. Der sonst so durchsetzungsstarke Minister Struck konnte sich hier keinen Deut durchsetzen: Im Juli 2003 ordnete er erfolglos die Inbetriebnahme des Platzes an.

    Sie haben nach dem Spruch der Dritten Gewalt die Chance, im Unterschied zu Ihren Vorgängern Struck und Scharping Klugheit und Mut im Amt zu zeigen,

    Ich bitte Sie eindringlich: Wenden Sie weiteren Schaden von der Region um die Kyritz-Ruppiner Heide und die Bundeswehr ab, geben Sie die Heide frei!

    Es wäre ein Gewinn für die demokratische Kultur unseres Landes und kein Schaden für die Sicherheit Deutschlands und des Bündnisses, wenn Sie dem politischen und juristischen Dauerstreit ein Ende machen würden.

Mit besten Grüßen
gez. Winfried Nachtwei

 

Doppelsieg für die Freie Heide und für den Rechtsstaat.

Pressemitteilung von Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 1.8.2007

Anlässlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Potsdam gegen die militärische Nutzung des Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock erklärt Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher:

Das Verwaltungsgericht Potsdam gab drei Musterklagen gegen den in der Kyritz-Ruppiner Heide in Brandenburg geplanten Luft-Boden-Schießplatz statt. Der breitesten Bürgerbewegung Deutschlands gebühren unsere Anerkennung und unser Glückwunsch.

Minister Jung muss jetzt - wie beim Militär ein Grunderfordernis - zu einer nüchternen Lagebeurteilung kommen. Das Ergebnis kann nach Verlauf und Urteil dieser - und früheren - Verhandlungen nur lauten: Kämpfe einstellen, zügig den geordneten Rückzug antreten, zum allseitigen Nutzen. Die Alternative - Fortsetzung des Rechtsstreits über Jahre, Hängepartie - wäre zum Schaden aller Beteiligten.

Jetzt kann Minister Jung seinen Vorgängern Struck, Scharping und Rühe zeigen, was Klugheit im Amt ist.

"Bestraft" wurde mit diesem Urteil ein Verteidigungsministerium, das über Jahre meinte, mit Gutsherrenart den Luft-Boden-Schießplatz bekommen zu können; das meinte, mit einer fragwürdigen sicherheitspolitischen Begründung und einem schludrigen Umgang mit den Interessen der Klägerinnen und Kläger durchkommen zu können. Es spricht persönlich für die anwesenden Spitzenvertreter der Luftwaffe und der Bundeswehrverwaltung, dass sie sich mit Sprechzettelvorträgen begnügten und sich erkennbar nicht für den Platz (ver)kämpften.

"Belohnt" wurde mit diesem Urteil eine beispiellose Bürgerbewegung im vereinigten Deutschland: ausdauernd seit 15 Jahren, in der regionalen Bevölkerung breit verankert, nie verhärtet trotz vieler Enttäuschungen, phantasievoll, pluralistisch und selbstverständlich friedlich, mit der Zeit gewachsen zu einer Art Volksabstimmung in drei Bundesländern. Unterstützt wurde die Bürgerbewegung durch die Rechtsanwälte Geulen + Klinger, die für ihre richtige Sache brillant und wirksam fochten.

Hoher Respekt für die drei Berufsrichterinnen des Verwaltungsgerichts Potsdam unter der Vorsitzenden Richterin Beate Vondenhof: voll kompetent in der komplizierten Materie des militärischen Fluglärms und Lärmschutzes, ohne Zweifel unparteiisch, souverän und freundlich. Diese Art der Verhandlung hat die Hoffnung bestärkt, dass schlichtweg das bessere Argument doch noch siegen kann.

Das Potsdamer Urteil ist schließlich auch mir persönlich eine große Freude und Genugtuung: Als einziger Sicherheitspolitiker im Bundestag habe ich seit 1996 das Anliegen der Freien Heide unterstützt, die ministerielle Behauptung der zwingenden Notwendigkeit angesichts grundlegend veränderter Einsatzbedingungen widerlegt und zwei Gruppenanträge im Bundestag initiiert. So war Wittstock ein Dauerkonflikt in der rot-grünen Koalition.

Das heutige Ergebnis freut mich riesig für die Menschen um die Heide, für die Zukunft dieser so schönen Landschaft. Zugleich weiß ich, dass eine verantwortliche Sicherheitspolitik durch das Urteil in keiner Weise beeinträchtigt ist.

Bombodrom: Bundesregierung wiegelt Einwände der Bürger kategorisch ab.

Pressemitteilung von Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.4.2007

Die Bundesregierung hat auf die Kleine Anfrage von Cornelia Behm und Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen, zur Bedeutung der Tourismuswirtschaft für die künftige Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide geantwortet. Aus dem Schreiben geht hervor, dass nach ihrer Ansicht der geplante Luft-Boden Schießplatz im Einklang mit dem Tourismus stehen würde. Dazu Behm:

Es ist verheerend, mit welcher Leichtfertigkeit die Bundesregierung die wirtschaftliche Entwicklung der Tourismusregion Kyritz-Ruppiner Heide beurteilt. Der Regierung liegen nach eigenen Angaben keine Untersuchungen über die Auswirkungen des geplanten Flugbetriebes vor. Sie hält solche Gutachten auch nicht für erforderlich. Vielmehr sei von vornherein klar, dass die Flüge keinen negativen Einfluss auf den Tourismus haben werden, weil sie weder Mensch noch Natur schaden können.

Nachtwei ergänzt: Bis heute finden keine Übungsflüge statt, weil Bewohner und Unternehmer aus der Heideregion in ihnen eine Bedrohung ihrer Lebens- und Wirtschaftsbedingungen erkennen. Sie haben gegen die Bundeswehr geklagt und die Gerichte gaben ihnen in mehr als 20 Urteilen Recht. In Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, wo sich mit den Bürgerinnen und Bürgern auch Wirtschaftsverbände, Parteien und sogar die Landesregierungen gegen den Schießplatz wenden, kann die Einstellung der Bundesregierung nur mit Befremden aufgenommen werden. Es ist erschreckend, wie realitätsfern die Regierenden hier urteilen.

Weiterhin heißt es in dem Antwortschreiben, dass die Region zur Spitzengruppe bezüglich der Tourismusintensität in den Ländern gehöre. In den vergangenen zehn Jahren verdoppelte sich die Zahl der Gastbetriebe auf etwa 400. Die Zahl der Gästeübernachtungen ist auf das Dreifache gestiegen. Dazu erklärt Behm: Damit hat die Region die besten Voraussetzungen, sich langfristig als naturnahes Reiseziel zu etablieren. Eine weitläufige Landschaft, in der die Gäste Ruhe finden, ist dafür absolut notwendig. Es kann deshalb kein Nebeneinander von Kampfflugzeugen und Naturtourismus geben!

 

Die vollständige Antwort der Bundesregierung können Sie <link pdf antwort16-4934-1.pdf>hier als PDF-Datei downloaden.

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Behm befragt Bundesregierung zum "Bombodrom"

Pressemitteilung von Cornelia Behm, Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Brandenburg, 28.3.2007.

Kleine Anfrage zur Bedeutung der Tourismuswirtschaft in der Region

Mit einer Kleinen Anfrage zur Bedeutung der Tourismuswirtschaft in der Region um die Kyritz-Ruppiner Heide hat sich heute die Brandenburger Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Cornelia Behm, an die Bundesregierung gewandt.

Behm will von der Bundesregierung wissen, inwieweit die Belange der Tourismuswirtschaft in der Region bei der Planung zur militärischen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide berücksichtigt worden sind. Konkret fragt sie, ob der Bundesregierung Untersuchungen über die Auswirkungen des geplanten Flugbetriebes auf bestehende und künftige Investitionen und Arbeitsplätze in der Region, insbesondere im Tourismussektor, aber auch auf den Natur- und Landschaftsschutz sowie den Lärmschutz in der Region vorliegen. Behm will darüber hinaus wissen, ob die Bundesregierung alternative wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten zum naturnahen Tourismus für die Region sieht.

Außerdem fragt Behm, ob die Bundesregierung die Auffassung von Verteidigungsminister Dr. Jung teilt, dass, wenn sich "die Unverträglichkeit der Schutzinteressen der Region mit den Plänen der Bundeswehr erweisen würde, über eine Änderung der Nutzungspläne oder über einen Verzicht auf den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock zu befinden" sei? Jung hatte das in einem Schreiben an Ministerpräsident Platzeck im Januar dieses Jahres geäußert.

Anlass für die Kleine Anfrage ist ein laufendes Petitionsverfahren gegen die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heide im Deutschen Bundestag. Innerhalb dieses Verfahrens hatte das Bundeswirtschaftsministerium in einer schriftlichen Stellungnahme vom September 2006 angekündigt, gegenüber dem Bundesverteidigungsministerium dafür zu plädieren, bei der weiteren Konzipierung und Ausgestaltung der militärischen Nutzung die spezifische Interessenlage der regionalen Wirtschaft, insbesondere der Tourismuswirtschaft, wesentlich stärker als bisher vorgesehen zu berücksichtigen. Der Petitionsausschuss wird am 7. Mai 2007 zu einem Informationsbesuch in die Region reisen.

 

Deutscher Bundestag Drucksache 16/4934 16. Wahlperiode

Kleine Anfrage der Abgeordneten Cornelia Behm, Winfried Nachtwei, Nicole Maisch, Undine Kurth (Quedlinburg), Dr. Harald Terpe, Peter Hettlich, Monika Lazar, Katrin Göring-Eckardt, Wolfgang Wieland und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bedeutung der Tourismuswirtschaft für die künftige Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide

Seit 1992 gibt es heftige Auseinandersetzungen darüber, ob die Kyritz-Ruppiner Heide militärisch oder zivil genutzt werden soll. Gegen eine breite parteiübergreifende Protestbewegung, der die Gemeinden, Unternehmer, Bürgermeister und Landräte der Region sowie die Parlamente und Landesregierungen von Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Berlin angehören, hält das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) unverändert an seiner Planung fest, einen Luft-Boden-Schießplatz einzurichten, auf dem mit 1700 Einsätzen pro Jahr und jeweils etwa fünf bis sieben Flugrunden pro Einsatz gerechnet werden muss.

Seit 1993 gehen Gemeinden, Umweltverbände und Einzelpersonen gerichtlich gegen das Vorhaben eines Luft-Boden-Schießplatzes vor. Ein Ende des Rechtsstreites ist nicht abzusehen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) hat am 15. September 2006 in einem Schreiben an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages auf das große Gewicht hingewiesen, welches die Tourismuswirtschaft, die in den letzten Jahren sogar noch gewachsen ist, für die Region zwischen Müritz und Prignitz hat. Das Ministerium betont, dass die Tourismusbranche inzwischen maßgeblich die regionale Wirtschaftsstruktur und damit das Einkommens- und Arbeitsplatzniveau bestimmt. Das BMWi hat im oben genannten Schreiben angekündigt, gegenüber dem BMVg dafür zu plädieren, bei der weiteren Konzipierung und Ausgestaltung der militärischen Nutzung die spezifische Interessenlage der regionalen Wirtschaft, insbesondere der Tourismuswirtschaft, wesentlich stärker als bisher vorgesehen zu berücksichtigen.

Wir fragen die Bundesregierung:

  1. Hat sich das BMVg nach Kenntnis der Bundesregierung zu dem Schreiben des BMWi vom 15. September 2006 geäußert?
  2. Wie viele Gespräche haben nach dem 15. September 2006 zwischen dem BMWi und dem BMVg zur stärkeren Berücksichtigung der Belange der Tourismuswirtschaft in der Region im Zusammenhang mit der geplanten militärischen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide stattgefunden?
    1. Wenn ja, was sind die konkreten Ergebnisse dieser Gespräche?
    2. Wenn nein, bis wann plant das BMWi die angekündigten Gespräche zu diesem Thema mit dem BMVg aufzunehmen?
  3. Sind nach Ansicht der Bundesregierung bei der bisherigen Abwägung und in den Planungen des Bundes die Belange der regionalen Wirtschaft, insbesondere der Tourismuswirtschaft, ausreichend berücksichtigt?
    1. Wenn ja, inwiefern?
    2. Wenn nein, wie sollen diese nach Ansicht der Bundesregierung zukünftig stärker berücksichtigt werden?
  4. Liegen der Bundesregierung Untersuchungen über die Auswirkungen des geplanten Flugbetriebes auf bestehende und künftige Investitionen und Arbeitsplätze in der Region, insbesondere im Tourismussektor, auf den Natur- und Landschaftsschutz sowie den Lärmschutz in der Region vor bzw. hat die Bundesregierung eigene Untersuchungen vorgenommen?
    1. Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?
    2. Wenn ja, inwiefern sind nach Ansicht der Bundesregierung in den Untersuchungen bzw. Stellungnahmen die Besonderheiten der Region, vor allem der besondere Natur- und Landschaftscharakter, ausreichend berücksichtigt?
    3. Sind weitere Untersuchungen bzw. Stellungnahmen geplant bzw. in Vorbereitung? Wenn ja, zu welchen Aspekten und aus welchen Gründen?
  5. Welche Zahlen liegen der Bundesregierung zur Wirtschaftsentwicklung, insbesondere zur Entwicklung der Tourismuswirtschaft in der Region seit 1992 - vor allem im Bereich Investitionen, Beschäftigung und Arbeitsplätze - vor?
  6. Sind die sozioökonomischen Auswirkungen der Einrichtung eines Luft-Boden-Schießplatzes am Standort eines bereits zu DDR-Zeiten von der Sowjetarmee betriebenen Übungsplatzes unter dem Aspekt betrachtet worden, dass die Region von einer einhundert Prozent höheren Arbeitslosigkeit als im Bundesmaßstab üblich betroffen ist und das Unternehmensgründungen hier aufgrund fehlender Tradition und schlechter Rahmenbedingungen besonders wertvoll für die Arbeitsmarktpolitik und die Entwicklung des ländlichen Raumes sind?
  7. Welche wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten sieht die Bundesregierung im Bereich des naturnahen Tourismus für die Region?
  8. Sieht die Bundesregierung zum naturnahen Tourismus alternative wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten für die Region und wenn ja, welche?
  9. Wie kann nach Ansicht der Bundesregierung nach einer möglichen Aufnahme des Flug- und Übungsbetriebes eine sichere Perspektive für die Tourismusbranche in der Region gewährleistet werden?
  10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Verteidigungsminister Dr. Jung, dass, wenn sich die Unverträglichkeit der Schutzinteressen der Region mit den Plänen der Bundeswehr erweisen würde, über eine Änderung der Nutzungspläne oder über einen Verzicht auf den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock zu befinden sei?
  11. Wie bewertet die Bundesregierung den letzten Übungsplatz-Schießbericht, wonach sich auch 2005 der rückläufige Trend im Übungsaufkommen für Luft-Boden-Einsätze im In- und Ausland fortgesetzt hat, im Zusammenhang mit der geplanten Inbetriebnahme des Schießplatzes Wittstock?
  12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Verfahrensweise des BMVg, sich erst auf Druck der Gerichte mit den Einwänden betroffener Bürger und Gemeinden auseinanderzusetzen?

Berlin, den 27.3.2007
Renate Künast, Fritz Kuhn und Fraktion

 

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Ziviler Protest gegen militärischen Irrsinn - Europaabgeordnete gratulieren "Freie Heide" zum Göttinger Friedenspreis

Pressemitteilung der Europaabgeordneten Elisabeth Schroedter, 1.3.2007.

Zur Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die Bürgerinitiative Freie Heide sagen die Brandenburger Europaabgeordnete Elisabeth Schroedter und die Europaabgeordnete Angelika Beer (Mecklenburg-Vorpommern):

Wir gratulieren der Bürgerinitiative Freie Heide von ganzem Herzen zum Göttinger Friedenspreis.

Die "Freie Heide" steht seit 14 Jahren an der Spitze des friedlichen und kreativen Protestes gegen das Bombodrom. Zusammen mit Ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben Sie den Irrsinn einer militärischen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide immer wieder weit über die Region hinaus ins öffentliche Bewusstsein getragen.

Das Ende des Kalten Krieges muss endlich auch hier eingeläutet werden und der ehemalige sowjetische Abwurfplatz den Bürgerinnen und Bürgern zur zivilen Nutzung übergeben werden. Die Gefährdungen der einzigartigen Natur, der Gesundheit der Menschen, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Arbeitsplätze der Region lassen sich durch nichts rechtfertigen.

Die Bombodrom-Pläne sind und bleiben militärischer Unsinn. Sie verstoßen gegen EU-Recht und haben keine Chance auf Verwirklichung. Wir fordern Bundesverteidigungsminister Jung dringend auf, die Pläne für den Bombenabwurfplatz endlich ins Museum zu geben, damit die Heide und ihre Menschen wieder aufatmen und die Entwicklungspotentiale ihrer Region nutzen können.

 

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Behm fordert Aufgabe der Pläne für das Bombodrom

Pressemitteilung von Cornelia Behm, Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Brandenburg vom 6.2.2007

Ich fordere Verteidigungsminister Franz Josef Jung auf, die Pläne für das Bombodrom endlich aufzugeben! Dass in einem neuen Lärmschutzgutachten, die neuesten Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung berücksichtigt werden, ist eigentlich selbstverständlich und hätte schon längst geschehen müssen. Stattdessen hält das Ministerium die Menschen einer ganzen Region seit Jahren hin und blockiert deren Entwicklung.

Mit diesen Worten reagiert Cornelia Behm, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, auf die Ankündigung des Verteidigungsministeriums, ein neues Lärmschutzgutachten für das Bombodrom erstellen zu lassen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte der Bundeswehr mehrmals bescheinigt, bisherige Gutachten nicht nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen angefertigt zu haben. Seit Jahren klagen die Menschen in der Region deshalb gegen die Lärmbelastung durch den geplanten Luft-Boden Schießplatz.

Bitter ist, dass sich mit dem neuen Gutachten der Marathon gegen den Luft-Boden Schießplatz weiter verlängert. Die Bundeswehr hat schon viele Gutachten vorgelegt, die die besondere Eignung der Heide für den Übungsplatz belegen sollten. Die Gerichte ewiesen der Truppe jedoch meist das Gegenteil. Und so nimmt eine Auseinandersetzung weiter ihren Lauf, bei der es eigentlich nur Verlierer gibt: Durch den Streit verliert die Bundeswehr erheblich an Akzeptanz und Ansehen. Und die Menschen in der Region müssen weiter mit der unsicheren Zukunft leben. so die Abgeordnete.

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Tourismus und Naturschutz statt Fluglärm und Bomben

Pressemitteilung von Winfried Nachtwei, Bundestagsabgeordneter von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31.1.2007

Anlässlich der heutigen Entscheidung des Petitionsausschusses, am Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz Wittstock eine Ortsbesichtigung durchzuführen, erklären Winfried Nachtwei, sicherheitspolitischer Sprecher, und Josef Winkler, Obmann im Petitionsausschuss:

Die Pläne für den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock müssen endlich vom Tisch. Wir begrüßen ausdrücklich, dass sich der Petitionsausschuss vor Ort informieren will über die Auswirkungen der beabsichtigten Nutzung des Luft-Boden-Schießplatzes auf Naturschutz und Tourismus in der Region. Hierzu muss die Bundessregierung jetzt Daten und Fakten vorlegen.

Die langjährige juristische und politische Hängepartie muss ein Ende haben. Sonst sind die vielen erfolgreichen Investitionen insbesondere im naturverträglichen Tourismusgewerbe massiv gefährdet. Das muss endlich auch das Verteidigungsministerium einsehen. Statt die Entscheidung über die Zukunft des einzigartigen Landschafts- und Naturschutzgebietes in die Hände des Verteidigungsministeriums zu legen, muss endlich eine Entscheidung für die Menschen in der Region um die Kyritz-Ruppiner Heide getroffen werden. Die Bundesregierung kann nicht länger das einmütige Votum fast der gesamten Region und von drei Landtagen und Landesregierungen ignorieren.

Die immer neuen Begründungsversuche des Verteidigungsministeriums - wie mit den Aufgaben im Rahmen der NATO Response Force - grenzen an absurdes Theater. Im Rahmen internationaler Konfliktverhütung und Krisenbewältigung werden Fähigkeiten, wie sie in der Wittstock-Ruppiner Heide geübt werden sollen, nicht mehr gebraucht. Der Übungsbedarf der Luftwaffe für Tiefflüge ist seit Anfang der 90er Jahre im In- wie im Ausland kontinuierlich zurückgegangen. Und auch in Zukunft wird dieser nicht steigen. Die Bundesregierung muss endlich die Realitäten erkennen und seine militärische Besitzstandwahrung aufgeben. Alles andere wäre nicht vermittelbar und politisch unverantwortlich.

 

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Petitionsausschuss des Bundestages plant Ortsbesichtigung des Bombodroms

Pressemitteilung von Cornelia Behm, Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Brandenburg vom 31.1.2007

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat heute entschieden, am Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz Wittstock eine Ortsbesichtigung durchzuführen. Dazu sagt Cornelia Behm, Brandenburger Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und stellvertretendes Mitglied im Petitionsausschuss:

Die Bundesregierung muss ihre Pläne für den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock endlich fallen lassen. Ich begrüße ausdrücklich, dass sich der Petitionsausschuss über die Auswirkungen der beabsichtigten Nutzung des Luft-Boden-Schießplatzes auf Naturschutz und Tourismus in der Region vor Ort informieren will. Hierzu muss die Bundessregierung jetzt Daten und Fakten vorlegen.

Die langjährige juristische und politische Hängepartie muss ein Ende haben. Sonst sind die vielen erfolgreichen Investitionen insbesondere im naturverträglichen Tourismusgewerbe massiv gefährdet. Das muss endlich auch das Verteidigungsministerium einsehen. Statt die Entscheidung über die Zukunft des einzigartigen Landschafts- und Naturschutzgebietes in die Hände des Verteidigungsministeriums zu legen, muss endlich eine Entscheidung für die Menschen in der Region um die Kyritz-Ruppiner Heide getroffen werden. Die Bundesregierung kann nicht länger das einmütige Votum fast der gesamten Region und von drei Landtagen und Landesregierungen ignorieren.

Die immer neuen Begründungsversuche des Verteidigungsministeriums - wie mit den Aufgaben im Rahmen der NATO Response Force - grenzen an absurdes Theater. Im Rahmen internationaler Konfliktverhütung und Krisenbewältigung werden Fähigkeiten, wie sie in der Wittstock-Ruppiner Heide geübt werden sollen, nicht mehr gebraucht. Der Übungsbedarf der Luftwaffe für Tiefflüge ist seit Anfang der 90er Jahre im In- wie im Ausland kontinuierlich zurückgegangen. Und auch in Zukunft wird dieser nicht steigen. Die Bundesregierung muss endlich die Realitäten erkennen und ihre militärische Besitzstandwahrung aufgeben. Alles andere wäre nicht vermittelbar und politisch unverantwortlich.

 

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